Am 24.11.03
um 14.00 Uhr
wird die Kinderbuchautorin Gudrun Pausewang aus ihrem Buch
"Der Schlund" lesen.
Biographie
Geboren 1928 in Wichstadtl/ Böhmen.
Als sie 17 Jahre alt war, mußte sie im Rahmen der damaligen
Vertreibungen mit ihrer Familie die Heimat verlassen.
Der Vater war bereits 1943 in Rußland gefallen. Die Flucht
endete in Hessen. In Wiesbanden ging Gudrun Pausewang weiter zur
Schule, 1948 legte sie das Abitur ab und studierte anschließend
an einem pädagogischen Institut.
Als Lehrerin und Schulleiterin hat sie dann viele Jahre gearbeitet
- nicht nur in Deutschland: Anfang der 50er Jahre unterrichtete
sie an Schulen in Wiesbaden und Weilburg, 1956 ging sie nach Chile,
1961 nach Venezüla.
Neben ihrer Tätigkeit als Pädagogin an deutschsprachigen
Schulen in Südamerika hatte sie Gelegenheit, nicht nur den
amerikanischen Subkontinent, sondern auch Asien zu bereisen.
Dabei gewann sie tiefe Einblicke in die Kultur dieser Länder,
sah aber auch die Not und das Elend der unteren Schichten in den
Ländern der "Dritten Welt".
Für fünf Jahre (1963 bis 1968) kam sie zurück nach
Deutschland und arbeitete als Lehrerin in Mainz. Hier schrieb sie
ihr erstes Buch, einen "Erwachsenen"-Roman, der in Südamerika
spielt ("Der Weg nach Tongay", 1965).
Erneut (1968) zog es Gudrun Pausewang nach Lateinamerika, wieder
an eine deutsche Auslandschule - diesmal nach Kolumbien. Sie blieb
dort bis Anfang der 70er Jahre.
Seit 1972 lebt sie wieder in Hessen. Bis zu ihrer Pensionierung
blieb sie, was sie immer gern und mit Freude war: Lehrerin.
Gudrun Pausewang, deren Bücher in viele Sprachen übersetzt,
verfilmt und mit Literaturpreisen gewürdigt wurden, schrieb
ihr erstes Kinderbuch 1972 ("Hinterm Haus der Wassermann").
Vorher erschienen (seit 1970) Texte für Kinder in Anthologien
und Jahrbüchern. Sieht man sich ihr Gesamtwerk an, dann ist
zu erkennen, daß sie vor allem drei Themen bevorzugt.
Alle haben direkt oder indirekt mit ihrem Lebenslauf, aber auch
mit ihren Sorgen um den Zustand und die Zukunft der Menschenwelt
zu tun.
In "Auf einem langen Weg" (1978) greift sie auf ihre Fluchterlebnisse
zurück und schildert die "Wanderung" zweier Kinder
durch das zerstörte Nachkriegsdeutschland.
In "Die Not der Familie Caldera" (1977), "Kunibert
und Killerwamba" (1976) und anderen Erzählungen geht es
um die hoffnungslose Situtation, in der sich Kinder und Jugendliche
in den Ländern Südamerikas befinden.
Pausewang benennt deutlich die Gründe und Hintergründe
für Ungerechtigkeit und Armut. Dadurch wird dann auch verständlich,
warum z.B. Joselito seinen Ehrgeiz nicht darin sieht, ein braver
Junge zu werden, sondern ein gewiefterer Dieb, als sein Vater einer
war ("Die Not der Familie Caldera").
Neben Flucht, Kindheit und Kinderleben in der "Dritten Welt"
ist es das Thema der Weltbedrohung, das Gudrun Pausewang beschäftigt
hat.
Zwar wurde sie für die Bücher "Die letzten Kinder
von Schewenborn"(1983) und "Die Wolke" (1987) mit
bedeutenden Literaturpreisen geehrt (Buxtehuder Bulle, Zürcher
Kinderbuchpreis, Preis der Leseratten, Gustav-Heinemann-Friedenspreis),
aber es gab um beide Geschichten viel Aufregung.
Und es wurde gefragt: Darf man Kindern von atomarer Gefahr so deutlich
erzählen? Muß man den Kindern die ganze Wahrheit sagen,
soll man nicht schonend mit ihnen umgehen, auch im Buch?
Schewenborn - eine erfundene Stadt - liegt in Hessen. Gudrun Pausewang
erzählt was mit Schewenborn und den Menschen der Stadt und
des Landes geschähe, wenn ein Atomkrieg ausbräche.
Unermeßliche Zerstörungen, verbrannte Menschen, an der
Strahlenkrankheit hinsterbende Kinder und Alte. Im Kampf um vermeintliche
Überlebenschanchen reagieren viele Erwachsene auf brutal-egoistische
Weise.
Roland, der Ich-Erzähler, ist 17 Jahre alt und leidet unter
der Unmöglichkeit, helfen zu können.
Ihm drängen sich Fragen auf: Warum haben die Älteren nichts
aus Hiroshima gelernt, warum haben sie zugelassen, daß es
zur Wiederaufrüstung kam?
"Die Wolke" schildert, ähnlich deutlich und schonungslos,
die Auswirkungen eines Reaktorunfalls.
Dieser Geschichte hat die Autorin den Satz vorangestellt: "Jetzt
werden wir nicht mehr sagen können, wir hätten nichts
gewußt."
Mit beiden Büchern, die von Literaturkritikern als "Warnbücher",
"Mahntexte" und "Wachrüttelgeschichten"
bezeichnet wurden, hat die Schriftstellerin einen Höhepunkt
ihres Schaffen erreicht.
Auch mit ihren neueren Büchern greift die Autorin immer wieder
aktuelle Themen auf.
So wurde sie 1997 mit dem "Birmingham Children's Book Award"
für ihren Roman "Reise im August" ausgezeichnet.
Und 1999 erhielt sie den Heinrich-Wolgast-Preis für ihr Buch
"Hörst du den Fluß, Elin?", in dem sie sich
in origineller Weise mit dem Thema Arbeitslosigkeit auseinandersetzt.
(Quelle: Lexikon Deutsch: Kinder- und Jugendliteratur ; Autorenportraits
und literarische Begriffe / Hrsg. Jörg Knobloch u.a. - Freising:
Stark Verlagsgesellschaft mbH, 1998. ISBN: 3-89449-054-3)
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